Kind gießt Pflanze

Man bekommt die Mitarbeiter, die man verdient

Vor kurzem bin ich über einen Artikel gestolpert, in dem Autor Martin Proulx die provokante Aussage trifft: „Leaders get the employees they deserve“. Die Aussage klingt spannend und den Beitrag kann ich voll und ganz unterschreiben. Er lässt sich aus meiner Sicht grundsätzlich auf alle Personen und Rollen übertragen, die in irgendeiner Form Entscheidungen mit und für andere Mitarbeiter treffen und auf deren Zusammen- und Mitarbeit angewiesen sind, unter anderem auch auf die Product Owner.

Es gibt immer wieder Unzufriedenheiten mit Verhaltensweisen von Personen in Teams oder mit ganzen Teams. Aussagen wie: Ich wünschte, meine Mitarbeiter würden mehr Initiative zeigen“ höre ich immer wieder. Anstatt Annahmen zu treffen, wieso die Mitarbeiter und ihr Team nicht so sind, wie man sie sich wünscht aber nicht stricken kann, sollte man sich eher die richtigen Fragen stellen, um aus den Antworten eigene Handlungsempfehlung abzuleiten. Besonders gefällt mir dabei der Fokus bei dieser Betrachtung, der nicht auf „den anderen“ liegt, sondern auf einem selbst.

Hast du dich schon mal gefragt?…

An Product Owner, das Management, aber auch an Scrum Master und Mitarbeiter in Teams – findet ihr euch bei folgenden Aussagen wieder? Und wenn ja, wie sind eure Antworten auf die Fragen dazu?

Meine Mitarbeiter zeigen einfach keine Initiative.

Was passierte das letzte Mal, als jemand einen Fehler gemacht hat oder etwas schief gegangen ist? Haben meine Reaktionen die Initiative anderer zugelassen oder eher verhindert?

Meine Mitarbeiter fühlen sich nicht verantwortlich. Bei wichtigen Aufgaben oder Entscheidungen fragen sie immer mich nach Antworten.

Wie reagiere ich, wenn eine Aufgabe nicht so umgesetzt wurde, wie ich das gemacht hätte? Überstimme ich die Entscheidungen anderer und kann es sein, dass ich selbst diese Abhängigkeit von mir bei wichtigen Aufgabe und Entscheidungen selbst geschaffen habe?

Meine Mitarbeiter sind nicht kreativ und können bestehende Prozesse nicht verbessern.

Belohne ich meine Mitarbeiter für ihre Bereitschaft, Risiken einzugehen? Wie gehe ich damit um, wenn die umgesetzte Verbesserung nicht meine Erwartungen erfüllt?

Meine Mitarbeiter können nicht auf eigenen Beinen stehen. Wenn neue Aufgaben nicht klar definiert sind, kommen Sie damit nicht zurecht.

Wie gehe ich damit um, wenn jemand meine eigenen Entscheidungen oder Prozesse anzweifelt? Habe ich ein Umfeld geschaffen, in dem es sicherer ist, dem Status Quo und bestehenden Prozessen zu folgen, als neue Aufgaben aktiv anzugehen?

Ich bin zu überlastet und muss auch noch die Arbeit meiner Mitarbeiter machen, an die ich die Arbeit eigentlich delegiert habe.

Habe ich mir ein Muster angeeignet, das meine Mitarbeiter wissen lässt, dass sie mit ihren Aufgaben zu mir kommen können weil sie wissen, dass ich mich ihnen annehmen werde? Was mache ich gleichzeitig um sicherzustellen, dass Mitarbeiter ihre Aufgaben behalten und in diesem Prozess lernen?

Fazit

Das Verhalten der Mitarbeiter ist also nicht mystisch oder ein Wunder, sondern zu großen Teilen lediglich eine Reaktion auf die Umgebung, die Kultur und den Führungsstil. Menschen haben die Fähigkeit, Verhaltensweisen zu replizieren, die sie innerhalb des Teams oder der Organisation als akzeptabel erleben. Sie sind clever genug, sich den gesellschaftlichen Normen eines Teams oder dem entsprechenden Führungsstil, den sie erleben, anzupassen.

Wenn man nach diesen Fragen erkannt hat, was man selbst tun kann, um ein anderes Verhalten der Mitarbeiter zu fördern, bleibt es schwer, wieder einen Schritt zurück zu gehen und eigene Verhaltensweisen tatsächlich dauerhaft zu ändern und dabei einen langen Atem zu behalten, denn eine unmittelbare Veränderung als Reaktion auf die eigene Umstellung kann man nicht erwarten. Unterstützen kann hierbei in Scrum Teams der Scrum Master. Er sollte auf solche Dinge achten, Verhaltensweisen zu beobachten, Empfehlungen abgeben, um im Prozess kontinuierlicher Verbesserung mit allen Beteiligten voran zu kommen und ein Umfeld zu schaffen, in dem Eigeninitiative, Kreativität und Selbstverantwortung nicht nur mögliche, sondern tatsächlich gelebte Werte sind.

Letztendlich aber beginnt jede Veränderung, die du sehen willst, bei dir selbst.

2 Comments

Leave a Comment
  1. Danke für deinen Beitrag. Die Frage kann ich verstehen, auch wenn mir der Zusammenhang mit diesem Blog-Artikel selbst nicht ganz klar ist. Spontan würde ich sagen: agile Methoden oder Scrum im Speziellen sind kein Allheilmittel – wie würdest du in einem anderen Vorgehen erkennen, wenn Mitarbeiter nicht “qualifiziert genug” sind? Mit Walldorf-Politik hat agile Softwareentwicklung rein gar nichts zu tun – im Gegenteil. In (gut) agil arbeitenden Entwicklungsteams fällt schneller auf, wenn jemand “nicht qualifiziert” ist, als bei einem anderen Vorgehen.

    Grundsätzlich halte ich das Austauschen von Personen oder Teams für den denkbar schlechtesten Weg. Ich würde erwarten, dass in Retrospektiven festgestellt wird, ob Mitarbeiter “qualifiziert” sind oder das Zeug haben, qualifiziert zu werden, oder nicht und hier erkennt man auch, wo die Schwachstelle(n) liegen. Wir haben auch schon Mitarbeiter aus Teams rausnehmen müssen, die das Gesamtteam durch ihre Art empfindlich gestört haben – das aber war keine einfache und keine schnell getroffene Entscheidung und ist Teil des Teambuilding-Prozesses.

    Meine erste Anlaufstelle für solche Fragen wäre aber in einer agilen Organisation der SM, der für Teambelange zuständig ist und wahrscheinlich den “unabhängigsten” Blick auf das Team haben sollte. Ob ein SM gute Arbeit leistet, das erkennt am Ende wahrscheinlich vor allem das MGMT oder die für diesen SM verantwortliche Person oder/und durch Gespräche mit anderen Mitarbeitern aus dem Gesamtteam.

  2. Mich würde mal der andere Ansatz interessieren, wann erkenne ich das ein Mitarbeiter/Team einfach nicht qualifiziert genug ist für die Aufgabe. Immer liest man über die Förderung des Teams und jeden einzelnen, das sehe ich alles ein und finde auch das es hier viele gute Ideen/Ansätze gibt – aber irgendwann muss doch auch mal schluss sein mit der (Entschuldigung – ist auch nicht böse gemeint) Waldorf Politik. Sollte man dann das Management/Teamverantwortlichen (PO, SM) austauschen oder das Team? Woran erkennt man ob das Problem im Team oder beim PO/SM liegt?

    Wie erwähnt ich stehe voll und ganz hinter der Förderung von Teams, aber mich würde durchaus auch mal der andere Ansatz interessieren. Würde mich über eine Anregende Diskusion freuen.

Schreibe deinen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert