In meinem vorangegangenen Artikel „Experte oder nicht Experte, das ist hier die Frage“ widmete ich mich bereits der Frage, ob man in Teams unbedingt auf Experten und ihr Wissen setzen sollte und welche Vorteile es haben kann, eher auf Experten zu verzichten. Wenn man Experten als „dominante Personen“ innerhalb eines (Entwicklungs)Teams sieht, dann unterstreicht eine neue Studie, die am 30.09.2012 veröffentlicht wurde, diese Aussage. In dieser Studie wurden knapp 700 Personen in Gruppen zwischen zwei und fünf zusammen gebracht und mussten gemeinsam Textaufgaben und Logikrätseln lösen und sich Aufgaben wie dem Brainstormings oder Verhandlungen stellen.
Die Forscher vom MIT, der Carnegie Mellon University zusammen mit dem Union College stellten in ihren Studien fest, dass Teams mit einer hohen „sozialen Sensibilität“ zu besseren Ergebnissen kommen als Teams mit einer geringeren „sozialen Sensibilität“. Außerdem schnitten Teams mit dominanten Personen schlechter ab als die mit eher gleichberechtigten Team-Mitgliedern. Die „soziale Sensibilität“ beschreibt, wie gut jemand die Emotionen der anderen wahrnehmen kann und hat keinen direkten Zusammenhang zu gemessener Intelligenz der einzelnen Mitglieder. In Teams mit hoher „sozialer Sensibilität“ ohne dominante Personen liefen Gespräche eher gleichberechtigt und diese Teams lieferten bessere Ergebnisse. Wenn man also davon ausgeht, dass Personen mit viel Wissen und hoher Intelligenz in Teams leicht dominieren, dann kann das bei komplexen Aufgaben, die in einem Team erledigt werden müssen, kontraproduktiv sein.
Die Forscher fanden auch heraus, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen der kollektiven Leistung einer Gruppe und der Intelligenz der einzelnen Gruppenmitglieder gab. Es konnte durch die Intelligenz der Mitglieder eines Teams die Leistung des Teams nicht vorhergesagt werden.
Das aus der Studie resultierende Fazit der Forscherin Carnegie Mellon: „Having a bunch of smart people in a group doesn’t necessarily make the group smart.”
In (agiler) Softwareentwicklung geht es meistens um komplexe Aufgaben. Komplexe Aufgaben zeichnen sich auch dadurch aus, dass deren Bewältigung nicht durch Einzelpersonen möglich ist, sondern dass man dafür ein Team braucht. Nach dieser Studie wird nochmal deutlich, dass man bei der Zusammenstellung und dem Erhalt von Teams nicht in erster Linie auf den Einsatz möglichst intelligenter Spezialisten und Experten, sondern stärker auf soziale Aspekte und empathische Mitarbeiter setzen sollte. Denn nur wenn ein Team gut zusammen arbeitet, gelingt es mehr zu erreichen, als die reine Summe der Leistungen der einzelnen Team-Mitglieder.
Ein Nachsatz: Natürlich schließen sich „Experte“ und „empathische Menschen“ nicht aus. Der Fokus bei der Zusammenstellung sollte aber eher auf der „sozialen“, als auf der „fachlichen“ Intelligenz liegen.
Bildquelle: interactingwithchildren.com