Stärken stärken

Besser als Feedback

Im vorherigen Beitrag ging es um (kritisches) Feedback und warum wir damit aufhören sollten. Besser als eine rückwärts gewandte Rückmeldungen ist es, Menschen in erfolgreichen Situationen zu bestärken. Wie können Menschen Andere bei ihrer persönlichen Entwicklung unterstützen, wenn kritisches Feedback kein guter Weg ist?

Definition von Feedback

Berechtigte Rückmeldungen bei Twitter zu dem Artikel war und ist, dass Feedback auch etwas anderes sein kann, als eine kritische Rückmeldung und dass das Ziel nicht immer individuelle Verbesserung sein muss. Deswegen hier der Versuch zu formulieren, was ich unter Feedback verstehe:

Wenn ich (auch in dem vorherigen Artikel) von Feedback rede, dann meine ich grundsätzlich und ganz allgemein erst mal eine Rückmeldung zu einem in der Vergangenheit liegendem Verhalten. Zu berücksichtigen ist dabei, dass diese immer subjektiv ist und dass es dabei um die Einschätzung des Verhaltens eines oder mehrerer Menschen in einer in der Vergangenheit liegenden Situation geht mit dem Ziel, Verbesserungspotentiale Für die Zukunft aufzudecken.

Dieses Feedback kann abhängig von der Feedback-gebenden und der Feedback-erhaltenden Person wertvoll wahrgenommen werden. Vor allem wenn jemand aktiv um eine Rückmeldung bittet, kann es für den Empfänger wertvoll sein. Das kann und möchte ich nicht in Abrede stellen. Gleichzeitig sehe ich häufig ungefragte und als Feedback verpackte Kritik oder das übliche Feedback-Gespräch in der Personalentwicklung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Beides erzeugt kaum Wert.

Der großartige Artikel „The Feedback Fallacy” formuliert eine andere Idee, die an den Stärken ausgerichtet und in die Zukunft blickend ist, die Subjektivität der Rückmeldung als Stärke ausspielt und die ich selbst als wertvoller erlebt habe – sowohl als Feedback-geber, als auch als Feedback-nehmer.

Neue Techniken statt Feedback

Statt wie üblich in der persönlichen Entwicklung von Menschen viel Zeit darauf zu verwenden, mögliche Schwächen und Fehler zu identifizieren und subjektive Vorschläge für Verbesserungen zu unterbreiten in Form von sicherlich gut gemeintem „ehrlichen und direkten“ Feedback, ist ein anderes Verständnis, ein anderer Blickwinkel und ein anderes Vorgehen besser.

In den Fokus rücken sollte gute Leistung, die in der Regel ein positives Ergebnis hat. Zu diesem positiven Ergebnis haben Menschen durch ihr Verhalten einen positiven Beitrag geleistet und das sollte den Menschen als persönliche Stärke vor Augen geführt werden.

1. Subjektive Beschreibung statt Lob

Achtung: Bei dem Hinweis auf positives Verhalten geht es nicht um Lob. Keiner kann objektiv für einen anderen Menschen beurteilen, was eine gute Leistung ist und was vielleicht nicht. Auch diese Bewertung ist immer subjektiv und stark beeinflusst von dem Hinweisgeber selbst. Diese Bewertung ist auch gar nicht notwendig, weil Menschen ihre eigene Leistung meist selbst bewerten und auch ganz gut einschätzen können.

Im letzten Beitrag war eine Erkenntnis, dass in ganz persönlichen Gefühlen und Erfahrungen eines Menschen eine nicht verzerrte Rückmeldung liegen kann und dass darin ein gewisser Wert liegt. Also kann der Mensch authentisch darüber informiert werden, welche positiven Auswirkungen man selbst ganz subjektiv durch das Verhalten des Menschen erlebt hat. Es gibt wenig authentischeres, als die subjektive Beschreibung einer Situation ergänzt um die (positiven) Gefühle, die bei einem Menschen hierdurch entstanden sind. Diese Beschreibung sollte möglichst genau und konkret sein. Damit ist es Menschen möglich, das eigene Verhalten zu wiederholen oder zu verstärken. Ähnliche Methoden finden sich in gewaltfreier Kommunikation wieder. Als Beispiel: Statt „gut gemacht“ hilft „Deine Erreichbarkeit für den Kunden hat zu einer hohen Zufriedenheit bei dem Auftraggeber geführt. Das hat mich sehr gefreut.“ deutlich mehr.

2. Erwischen und informieren

Kennst du das? Dir ist etwas schief gegangen oder ein Fehler passiert und du bist gerade dabei, schnell und hochkonzentriert die negativen Auswirkungen einzudämmen oder zu beseitigen, da kommt währenddessen jemand auf dich Mit ungefragtem Feedback zu und fragt dich, was du dir dabei gedacht hast?

Ein einfaches Beispiel aus dem Haushalt: Dein Kind hat auf dem Esstisch mittags ein Glas mit Getränk umgeworfen und läuft gerade schnell in die Küche um einen Lappen zu holen. Und du hörst dich hinterherrufen: Das war nicht gut. Jetzt ist alles nass. Hättest du nicht aufpassen können? Jetzt musst du einen Lappen holen und es gründlich aufwischen.

In der Regel wissen Menschen sehr genau und schnell, wenn sie einen Fehler gemacht haben. Und sie werden bemüht sein, diesen Fehler wieder gerade zu biegen. Auch wenn es einen fast instinktiv hin zieht, beim Auftreten von Fehlern alles zu unterbrechen und auf den Fehler hinzuweisen und Tipps zu geben für die Behebung des Problems, ist das eine unnötige Unterbrechung, die eher behindert als hilft. Menschen brauchen die Gelegenheit, aus eigenen Fehlern zu lernen und selbst Maßnahmen zur Behebung zu finden. Wenn das nicht funktioniert, dann können in einem Dialog konkrete Maßnahmen zur Problembeseitigung überlegt werden. Klar ist – und die Erfahrung werden die Meisten gemacht haben – eine Unterbrechung zur Aufarbeitung des Problems ist in der Situation, in der das Problem gerade auftritt, in der Regel nicht sinnvoll und sollte zu einem späteren Zeitpunkt von einer persönlichen auf eine Sach-Ebene verschoben diskutiert werden.

Damit Lernen möglich bleibt, muss eine aktive und direkte Problembeseitigung möglichst störungsfrei und schnell stattfinden durch den Menschen, dem das Problem passiert ist. Lernen funktioniert in einer sicheren Umgebung und anhand von Hinweisen auf positives Verhalten besser. Statt Menschen auf gemachte Fehler hinzuweisen ist es besser, sie bei einer positiven Beseitigung des Fehlers zu „erwischen“ und sie dann bei ihrer Arbeit „positiv zu unterbrechen“.

Im obigen einfachen Beispiel weiß das Kind natürlich, dass alles nass ist. Deswegen holt es einen Lappen. Wie wäre es zu sagen: „Super, dass du dich so beeilst einen Lappen zu holen und die Sauerei wegwischst. Dir passiert sowas in letzter Zeit viel seltener. Wenn alles trocken ist, können wir in Ruhe weiter essen. Vielen Dank, dass du so schnell reagiert hast.“

3. Doch Feedback geben?

Die Rückmeldungen zum letzten Artikel haben mir deutlich gemacht, dass sich Menschen Feedback wünschen. Auch ich bitte regelmäßig um Feedback. Dabei interessiert mich vor allem, ob mein Angebot, meine Aktion oder mein Verhalten eine positive Auswirkung in einer Situation oder auf andere Menschen hatte um zu wissen, was ich hier wiederholen oder ausbauen kann. Diese grundsätzliche Bereitschaft ist eine entscheidende Grundlage, dass Feedback überhaupt auf „offene Ohren“ stößt. Und damit das so bleibt, sollte es lösungsorientiert und positiv besetzt bleiben.

Auch hierbei ist es hilfreich, weniger zu betrachten, welche Fehler gemacht wurden oder welches Verbesserungspotential der Feedback-geber subjektiv sieht. Wertvoller ist die Rückmeldung, was aktuell gut funktioniert und was in der Vergangenheit geholfen hat, um gut mit ähnliche Situationen umgehen zu können. Davon kann der Feedback-nehmer alleine – oder falls gewünscht im Dialog mit dem Feedback-geber – ableiten, was aktuell eine gute Strategie für die nächsten Schritte sein könnte.

Auch hier wieder obiges einfaches Beispiel: Abends könnte dein Kind auf dich zukommen und fragen, wieso ihm ständig das Wasserglas umfällt. Die Gegenfrage könnte also sein, was – in Momenten, in denen das Glas nicht umgefallen ist – dafür gesorgt hat, dass es nicht umgefallen ist. Die nächsten Schritte könnten dann davon abgeleitet zum Beispiel sein, die langen Ärmel zukünftig hochzukrempeln oder eher um das Anreichen von Essen zu bitten, als es sich selbst lang gestreckt über den Tisch zu nehmen.

Völlig unbenommen davon ist natürlich zu informieren, wenn jemand nicht einverstanden ist mit dem Verhalten eines anderen Menschen in einer bestimmten Situation. Hier geht es aber um eine reine Information, bei der die Entwicklung des Feedback-nehmers nicht im Fokus steht. Auch aus dieser Information kann ein Dialog entstehen, zum Beispiel zur Auflösung eines möglichen Konflikts. Auch hieraus kann und wird gelernt. Das Ziel ist aber ein anderes und der Umgang miteinander kann konstruktiv, authentisch und ehrlich erfolgen.

Fazit

Alle reden von der Wichtigkeit von Feedback und vermischen hier viele Dinge – plötzlich ist alles Feedback. In dieser Vermischung steckt die Gefahr, dass unterschiedliche Ziele mit dem vermeintlichen Feedback verfolgt werden, bei denen der eine oder andere den Vorstellungen nicht gerecht werden kann. Ja: Reflexion und Dialog und eine Rückmeldung von anderen Menschen ist wertvoll und wichtig.

Wenn es um eine gute Unterstützung für eine persönliche Verbesserung geht, dann ist vor allem kritisches Feedback wenig hilfreich – schon gar nicht, wenn es nicht aktiv eingefordert wurde. Entsprechend ist die Forderung einer „Feedback-Kultur“ gefährlich. Der Drang nach Transparenz und Offenheit fordert hohe Selbstsicherheit aller Menschen, die nicht vorausgesetzt werden kann. In diesem Klima kann es passieren, dass sich Menschen zurückziehen, um sich nicht ständigem Urteil aussetzen zu müssen – eine Entfaltung von Potenzialen ist hier kaum möglich, eine Umgebung psychologischer Sicherheit entsteht so nicht für alle Menschen.

Feedback kann – wenn es gut gegeben wird – dafür sorgen, dass Fehler aus der Vergangenheit korrigiert werden. Bei der Entwicklung von hoher individueller Leistung hilft das wenig. Dabei können wir uns gerade dabei gegenseitig helfen. Ein achtsamer Umgang, ein umeinander kümmern, ein Mitteilen unserer Erlebnisse und Gefühle bringt uns weiter. Nicht umsonst gehört „emotionale Intelligenz“ zu wichtigen Future Skills. Wichtig, weil hilfreich und wertschätzend, ist das Erkennen von und authentische Informieren über gute Leistung und deren positive Auswirkung. Auch möglich und wertschätzend ist ein konstruktiver Dialog und das gemeinsame Erarbeiten von Problemlösungen.

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