Wir denken nach, machen Pläne und gehen viel zu oft davon aus, dass wir nur ausreichend nachdenken müssen, um Sicherheit gebende und zielführende Pläne zu entwickeln. In einem einfachen oder komplizierten Umfeld trifft das zu. Wenn etwas einfach oder kompliziert ist, reicht weniger oder mehr Wissen aus, um Pläne zu machen und gewünschte Ergebnisse zu erzielen. Anders gesagt: Wissen hilft, um komplizierte Herausforderungen zu meistern. Das gilt nicht für komplexe Systeme. Die schlechte Nachricht: wir bewegen uns größtenteils in komplexen Systemen.
Aussage
Wir experimentieren grundsätzlich, wenn wir uns in einem komplexen System bewegen, weil wir hier nur annehmen und nicht wissen können, was uns zum Ziel führt. Es stellt sich nicht die Frage nach einer bewussten Entscheidung ein Experiment auszuprobieren, wir experimentieren unweigerlich.
Einfache Herleitung
Komplexe Systeme funktionieren anders, sind emergent, also kann man ihnen auch nicht ausschließlich mit Wissen und daraus abgeleiteten Plänen begegnen. In Wikipedia heißt es zum Begriff Komplexität unter anderem:
Komplexität (…) bezeichnet das Verhalten eines Systems oder Modells, dessen viele Komponenten auf verschiedenste Weise miteinander interagieren können, nur lokalen Regeln folgen und denen Instruktionen höherer Ebenen unbekannt sind.
Zu Emergenz heißt es in Wikipedia:
Die Emergenz (lat. emergere „Auftauchen“, „Herauskommen“, „Emporsteigen“) ist die Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente. Dabei lassen sich die emergenten Eigenschaften des Systems nicht – oder jedenfalls nicht offensichtlich – auf Eigenschaften der Elemente zurückführen, die diese isoliert aufweisen.
Ein komplexes (emergentes) System haben wir in der Zusammenarbeit von Menschen in der vernetzten Gegenwart. Dort wo Wissen nicht reicht, hilft Können. Können ist das Vermögen, auf Basis von Wissens und Erfahrungen in Situationen erfolgreich zu handeln.
Was ist die Konsequenz, wenn wir akzeptieren, dass wir einem komplexen Umfeld nur durch Erfahrungen erfolgreich begegnen können?
Erfahrungen machen wir, indem wir Dinge versuchen, ausprobieren, prüfen, beweisen oder auf die Probe stellen – oder anders gesagt, indem wir experimentieren (Experiment kommt aus dem Lateinischen: experimentum „Versuch, Beweis, Prüfung, Probe“). Diese (gut überlegten und auf Erfahrungen basierend geplanten) Experimente können gelingen, können aber auch misslingen, bieten aber immer vor allem eines: weitere Erfahrungen und damit eine vergrößerte Chance, mit dem nächsten Experiment erfolgreich zu sein.
Wir wissen nicht, ob das, was wir tun in einem komplexen und emergenten Umfeld zu dem Ergebnis führt, das wir uns wünschen. Unsere Pläne sollten ausreichend aber nicht überbordend sein, eine gewisse Resilienz mitbringen und mit viel Mut als Experiment verstanden werden mit dem klaren Ziel, erfolgreich zu sein und der Bereitschaft, aus nicht erfolgreichen Experimenten zu lernen.
Randnotiz: Entsprechend heißt es auch im Agilen Manifest als eins der vier Wertepaare: Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans.
Abschließend dazu ein schönes passendes Zitat eines namenhaften Musikers.
Life is what happens to you while you are busy making other plans.John Lennon
Allen, die sich mit einem guten Umgang mit Komplexität in der Arbeitswelt beschäftigen möchten, kann und möchte ich die Beiträge und Bücher der Autoren Jurgen Appelo, Niels Pfläging und Lars Vollmer empfehlen.
(Das verwendete Titelbild ist von Clement127, das Bild innerhalb des Artikel ist von Jurgen Appelo – vielen Dank!)