Umdenken

Das Gehirn ist eine fantastische Schaltzentrale. Eine der Stärken ist das Unterbewusstsein. Es ermöglicht uns, gelernte Muster abzuspeichern um schnell und automatisch zu handeln. Damit haben wir Platz für wichtige (und neue) Informationen. Über das Meiste, was wir tun, müssen wir nicht mehr aktiv nachdenken und diese Fähigkeit macht uns schnell und damit erfolgreich, oder?

Je mehr etwas geübt wurde (egal ob aktiv oder indirekt), um so mehr werden Muster entwickelt und im Unterbewusstsein abgespeichert, um ohne aktives Nachdenken erfolgreich handeln zu können.

Beispiele

Wir sind viel beeindruckter von neuen Dingen als von bereits als bekannt eingestuften Situationen. Der erste Gang über den Times Square ist für jemanden aus einem kleinen Dorf anstrengender als für einen Großstädter, der viele Eindrücke schon unterbewusst zuordnet und wegfiltert. Beide lernen nach mehreren Besuchen früher oder später, die als unwichtig klassifizierten Informationen (Gerüche, Geräusche, Gesehenes) auszublenden. Damit wird der Gang über den Time Square immer weniger anstrengend.

Während ein Kind, das gerade Laufen lernt, aktiv das Gleichgewicht halten und die Bewegungen steuern muss, können wir nach kurzer Zeit nicht nur sicher laufen, sondern nebenher noch reden, die Umgebung aufnehmen, Kaugummi kauen und uns an der Nase kratzen. Große Teile unseres Lebens finden dank unseres Gehirns automatisiert statt.

Das ist super

Diese Fähigkeit führt zum Beispiel dazu, dass wir reflexartig schnell reagieren können. Wenn ein Kind zwischen Autos auf die Straße zu rennen droht und wir das wahrnehmen, bringt uns unsere Erfahrung dazu, blitzschnell aus dem Unterbewussten zu handeln und das Kind aufzuhalten, noch bevor wir aktiv überlegen, was wir tun müssen. Wahrscheinlich reagieren Eltern, die als solche Erfahrung mit Kindern haben, noch schneller. Würden wir erst überlegen müssen, dann gäbe es mehr Unfälle.

Ich erinnere mich an meine erste Autofahrt nach der Führerscheinprüfung. Ich musste aktiv die Gangschaltung betätigen und wenn ich mich mit meinem Beifahrer unterhielt und nach rechts blickte, fuhr ich automatisch leicht nach rechts. Nach vielen Jahren Erfahrung schalte ich ohne aktiv darüber nachzudenken und das Umschalten eines Radiosenders bringt mich wortwörtlich „nicht mehr aus der Spur“.

Was ist das Problem?

Die Automatisierung und Entwicklung von Verhaltensmustern birgt Risiken, weil das blitzschnelle Handeln aus dem Unterbewusstsein sich oft nicht an neue Rahmenbedingungen anpasst, weil das Gehirn die Rahmenbedingungen nicht als neu erkennt. Auf nicht direkt als neue Situation eingestufte Umgebungen werden wir versuchen mit den alten Mitteln zu reagieren, mit denen wir bisher erfolgreich waren.

Als im Rechtsverkehr geübter Autofahrer musste mich im Urlaub in Irland aktiv auf den Linksverkehr einstellen und machte über mehrere Tage immer wieder den Fehler an T-Kreuzungen, beim Abbiegen auf die falsche Spur und damit in den Gegenverkehr abzubiegen – zum Glück war der Verkehr in diesen Gegenden überschaubar.

Es reicht häufig also nicht, vermeintlich erfolgreiche Muster in neuen Situationen anzuwenden. Wichtig ist die Verbindung zum Kontext, in dem die Verhaltensweise erfolgreich war. Das einfache Beispiel von eben: Es ist sehr erfolgreich (weil unfallfrei), im Rechtsverkehr beim Rechtsabbiegen auf die rechte Spur zu fahren. Im Linksverkehr ist das rechts abbiegen nur erfolgreich, wenn man dabei auf die linke Spur fährt.

Niels Pfläging schreibt dazu in seinem Buch „Organisation für Komplexität“:

Wir neigen dazu, erlebten Erfolg dem eigenen Verhaltensrepertoire zuzuschreiben: „Ich hatte Erfolg, weil ich mich soundso verhalten habe.“ Dabei hatten wir Erfolg, weil das Verhalten zum Kontext passte.Niels Pfläging

Aktives Umdenken

Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

Die Arbeitswelt hat sich stark verändert, ist wissensbasierter und dabei viel schnelllebiger geworden. Alte Verhaltensmuster führen nicht mehr zwingend zum Erfolg. Gleichzeitig müssen wir immer schneller handeln. Wir sind kontinuierlicher Veränderung unterworfen und die Geschwindigkeit der kleinen und großen Veränderungen wird weiter zunehmen.

Dem erfolgreich begegnen zu können bedarf der Fähigkeit, antrainierte und mal als erfolgreich abgespeicherte Verhaltensmuster zu erkennen. Damit besteht die Möglichkeit, sich zu überlegen, ob das Verhaltensmuster im neuen Kontext auch Erfolg verspricht. Und dann ist es möglich, das Verhalten anzupassen, falls das für den Erfolg im neuen Kontext nötig ist.

Die Fähigkeit aktiv Umzudenken, sich immer wieder zu hinterfragen und in mehr Situationen bewusster Entscheidungen treffen zu können, wird zunehmend zu einer Kernkompetenz für einen langfristigen Erfolg.

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